Grundlagen der Insolvenzanfechtung

Vorbemerkung

Bei dem Reizthema der Insolvenzanfechtung geraten die Gemüter der betroffenen Personen sehr schnell in Rage. Doch was hat es eigentlich mit dem Institut der Insolvenzanfechtung auf sich? Dieser Beitrag soll Ihnen einen kurzen Überblick über die wichtigsten Fakten zu diesem Thema geben. Eine weitere Erklärung finden Sie in unserem Video sowie auf unserem youtube-Kanal

Was ist unter der Insolvenzanfechtung zu verstehen?

Die böse Überraschung der Insolvenzanfechtung kommt üblicherweise per Post. Sie werden aufgefordert, Geld zurückzuzahlen, das Sie schon vor Monaten oder gar Jahren meist von einem Kunden erhalten haben, der nun aber in Insolvenz geraten ist. Dabei lief die gesamte Auftragsabwicklung völlig rechtmäßig ab und zweifelsfrei hatten Sie auch einen Anspruch auf das Geld. Dieser Brief des Insolvenzverwalters wird in etwa folgendermaßen lauten:

„In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen …… bin ich zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Sie haben eine Zahlung am …… in Höhe von € ……. erhalten, welche ich nach den besonderen Bestimmungen der Insolvenzordnung §§ …… anfechte. Ich fordere Sie daher auf diesen Betrag binnen Frist auf das Insolvenzanderkonto zu überweisen.“

Sie denken sich: „Hier muss doch wohl ein Irrtum vorliegen?“ – Leider nein! Grundlage dieser Aufforderung ist nämlich das Institut der Insolvenzanfechtung. Um nachzuvollziehen, was es mit dieser Art Anfechtung auf sich hat, muss zunächst das Ziel des Insolvenzverfahrens beleuchtet werden. Ziel der Insolvenzordnung ist es, die Gläubiger des Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, da dessen Vermögen zur Befriedigung aller Gläubiger nicht mehr ausreicht. Nach dem „Prinzip der gemeinschaftlichen Befriedigung“ muss dann das verbleibende Vermögen quotal nach dem Verhältnis der Beträge der Forderungen der Gläubiger auf diese verteilt werden.

Warum gibt es die Insolvenzanfechtung?

Das Insolvenzrecht zielt im Grundsatz darauf ab alle Gläubiger gleich zu behandeln. Es soll gewährleisten, dass kein Gläubiger einen Vorteil erlangt. Hier drängt sich dann die Frage auf, warum oft der eine Gläubiger etwas bekommt und der andere Gläubiger hingegen nicht. Die Zahlung, die Sie erhalten haben, haben Sie selbstverständlich zu Recht erlangt, da Sie eine vertraglich vereinbarte Leistung erbracht haben. Warum kann der Insolvenzverwalter diese Zahlung aber nun dennoch anfechten? Grundsätzlich: Wäre die Zahlung unberechtigt gewesen, würde das Institut der Insolvenzanfechtung überhaupt nicht benötigt werden. Hier zeigt sich also der besondere Charakter der Insolvenzanfechtung.

Grundlagen Insolvenzanfechtung Rechtsanwaltskanzlei Könemann aus Lüneburg

Dazu muss zunächst geklärt werden, was überhaupt anfechtungsrelevant ist. Zum einen ist eine besondere persönliche Nähe anfechtungsgeneigt. Zu diesen nahestehenden Personen zählen unter andern der Ehemann oder die Ehefrau sowie Verwandte des Insolvenzschuldners. Bei Kapitalgesellschaften besteht diese besondere Nähe üblicherweise bei den Geschäftsführern oder Gesellschaftern. Diese haben üblicherweise einen Wissensvorsprung wegen der engen Verbundenheit zum insolventen Unternehmen und werden daher oft eher mit Zahlungen bedacht als andere Gläubiger. Dies ist natürlich ungerecht, da dieses Vermögen den anderen Gläubigern dann nicht zum Ausgleich ihrer berechtigten Forderungen zur Verfügung steht.

Zum anderen ist es aber auch ungerecht, wenn ein Gläubiger noch Geld bekommt, obwohl er weiß, dass der Schuldner „pleite“ ist oder bald Insolvenz beantragt wird oder werden muss. Während dieser dann sein Geld erhält, müssen alle anderen Gläubiger auf ihr Geld verzichten, obwohl jeder Gläubiger einen ebenfalls berechtigten Anspruch besitzt. Neben einer persönlichen Nähe ist also auch eine zeitliche Nähe zum Insolvenzgrund anfechtungsrelevant.

Durch die Insolvenzanfechtung will der Gesetzgeber demnach verhindern, dass einzelne Gläubiger, die den Schuldner durch enge Beziehungen oder Insiderwissen unter Druck setzen können, bevorzugt werden. Es soll also ein „Windhundrennen“ der Gläubiger vermieden werden. Wenn der Insolvenzverwalter eine Leistung dann erfolgreich angefochten hat, muss der Gläubiger dasjenige, was er durch die angefochtene Rechtshandlung erlangt hat, zurückgewähren.

Schutz vor der Anfechtung durch das Bargeschäft

Eine Möglichkeit, um Handlungen vor der Insolvenzanfechtung zu bewahren ist das sogenannte Bargeschäft. Dieses hat, entgegen seines Namens, allerdings nichts mit Bargeld zu tun.

Das Bargeschäft ist in § 142 InsO kodifiziert und nennt die Voraussetzungen, unter denen Handlungen/Zahlungen von der Anfechtung grundsätzlich ausgenommen sind.

Ein solches Bargeschäft liegt vor, wenn der Schuldner und der Gläubiger die vertraglich konkret geschuldete Leistung, die gleichwertig sein müssen, in einem unmittelbaren, geschäftsüblichen – zeitlichen Zusammenhang austauschen. Wirtschaftlich wird hier das Vermögen also nicht gemindert, sondern ein Vermögenswert wird nur gegen einen gleichwertigen ausgetauscht. Dieser Tausch ist für die Gläubiger neutral. Ein Bargeschäft soll daher nur dann anfechtbar sein, wenn der Schuldner trotz der Gleichwertigkeit unlauter handelt und der Empfänger dies auch erkennt.

Fazit

Angesichts der sich abzeichnenden Rezession zeichnen sich viele Insolvenzverfahren und folglich auch eine Vielzahl von Insolvenzanfechtungen ab. Vor einer Insolvenzanfechtung muss man aber keine Angst haben. Die Beweislast liegt zunächst – von Ausnahmen abgesehen – regelmäßig zunächst beim die Anfechtung erklärenden Insolvenzverwalter. Dieser muss im Zweifel dem Gericht die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung darlegen und auch beweisen.

Einige Insolvenzverwalter neigen dazu, die Anfechtung zu weit auszudehnen, was sowohl die einzelnen Beträge, als auch den anfechtungsrelevanten Zeitraum beinhaltet. Die Tücke steckt wie fast immer im Detail.

Sehr häufig kann man aber schon außergerichtlich eine Einigung mit dem Insolvenzverwalter erzielen, was unzweifelhaft der sinnvollste Weg sein dürfte.

Soweit zu den Grundlagen! Schauen Sie sich auch gerne meine Videos an.

Für Fragen stehe ich natürlich gerne wie gewohnt unter 04131 400 400 zur Verfügung.

Ihr

Hendrik A. Könemann

Rechtsanwalt, Insolvenzverwalter,

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Insolvenzrecht

Kanzlei Könemann

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